Die Werke von Karin Radoy zeichnen sich durch ihre konzeptuelle Entschlossenheit und formale Konsequenz aus. Schon früh hat sich die Künstlerin für eine strenge, sehr klare Bildsprache in der Tradition der konstruktiv-konkreten Kunst entschieden, die sie jedoch bald signifikant erweiterte. Bereits 1990 schuf sie erste farbige Wandobjekte, die zwischen Malerei, Relief und Objektkunst angesiedelt sind. Seit 1996 entwickelt sie ihre markanten, modulare „Doppelobjekte“, mit denen Radoy ihr künstlerisches Leitthema gefunden hat. Unbeirrt von äußeren Moden, setzt sie seit vielen Jahren ihre ebenso sensible wie innovative Erforschung des Verhältnisses von Farbe und Form, Bildfläche und Körperlichkeit mit großer Konsequenz fort. Ihre Werke entziehen sich dabei äußerst raffiniert den klassischen Kategorien: Sind es farbig gestaltete Reliefs oder doch eher Malerei, die sich in den Raum hinein erhebt?
Sind sie vielleicht beides zugleich? Und ist eine solche Einordnung heute überhaupt noch relevant? Fest steht, dass man sich vor ihren Werken stets etwas hin- und herbewegen muss, wenn man sie begreifen und in ihrer räumlichen Komplexität und Eigenart erfahren will. Und man muss sich auch auf die Werke von Radoy zubewegen, um die Art der hier eingesetzten Malerei zu erkennen. Denn was auf den ersten Blick wie eine sehr gleichmäßige, monochrome Farbgebung wirkt, erweist sich bei weiterer Annäherung als eine vielschichtige, delikat verwobene malerische Textur. Die minimalistisch anmutende Formensprache wird so durchbrochen, bewegt und belebt. Diese sehr lebendige Malweise mildert die Kluft zwischen den beiden Elementen, macht sie als zwei Teile eines Ganzen erkennbar. SG